Wolf und Mensch
Die gemeinsame Geschichte von Wolf und Mensch war anfangs durchaus positiv geprägt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bereits vor 14 000 bis 16 000 Jahren die ersten Wölfe vom Menschen aufgezogen und als Haustiere gehalten worden sind. Damit nahm die Erfolgsgeschichte des Hundes, des ersten vom Menschen domestizierten Tieres, ihren Lauf. Erst mit Beginn der großen Waldrodungen und der Viehhaltung änderte sich die Einstellung zum Wolf grundlegend. Einerseits engten die Rodungen der Wälder den Lebensraum des Wolfes bzw. seiner Nahrungsgrundlage des Wildes ein, andererseits bot der vom Menschen genutzte Raum leichte Beute in Form des Viehs. Das Vieh hatte früher eine viel existenziellere Bedeutung für die Menschen, oft besaß eine Familie nur 1-2 Tiere. Wenn diese vom Wolf gerissen wurden, war dies eine Existenzbedrohung. Daher erfolgte die Jagd auf Wölfe schon im Mittelalter. Karl der Große hat ein entsprechendes Gesetz zur Wolfsjagd erlassen. Wer sich nicht beteiligte, dem drohte eine Strafe.
Das schlechte Image des Wolfes, die gängigsten Ängste und Vorurteile haben sich in vielen Märchen (Rotkäppchen) und Filmen manifestiert. Es gibt aber auch Beispiele, bei denen der Wolf positiv besetzt ist z.B. in der Mythologie über die Gründung von Rom, in der die Gründer Romulus und Remus von einer Wölfin gesäugt werden.
| Die nordamerikanischen Indianer bezeichneten den Wolf als „ihren Bruder“. Sie schätzten ihn als geschickten Jäger und eiferten ihm nach. In der Sprache der Pawnee-Indianer bedeutet dasselbe Wort gleichermaßen Wolf wie Mensch. In der Religion einiger dieser Völker wird der Wolf als Beherrscher des Landes verehrt. |
Von gesunden Wölfen geht in der Regel keine Gefahr aus, sie reagieren auf Menschen mit äußerster Vorsicht und nicht aggressiv. Menschen gehören nicht zum Beutespektrum von Wölfen. Von mit Tollwut infizierten Wölfen kann eine Gefahr für den Menschen ausgehen. Die Tollwut gibt es in Deutschland nicht mehr, sie wurde durch Impfköder bekämpft.
Wenn in einer Kulturlandschaft lebende Wölfe nicht bejagt werden, reagieren sie auf den Anblick von Menschen zwar vorsichtig, aber nicht extrem scheu. Bei einer Begegnung erfolgt oft keine panische Flucht, sondern der Wolf zieht sich meist gelassen und bedacht zurück. Die ausgeprägte Vorsicht und das Misstrauen gegenüber potenziellen Feinden und Gefahren ist eine bewährte Überlebensstrategie des Wolfes. Zu direkten Begegnungen zwischen Mensch und Wolf kommt es daher selten. Aufgrund des guten Gehöres bemerken die Wölfe den Menschen meist frühzeitig und gehen ihm aus dem Weg. In ihrer Raumnutzung passen sie sich normalerweise an die Aktivität des Menschen an, indem sie die Bereiche ihres Streifgebietes, in denen tagsüber viele Menschen anzutreffen sind, nur in der Nacht frequentieren. Im Schutze der Dunkelheit laufen sie auch unmittelbar an bewohnten Häusern vorbei, so wie man es auch von Rehen und Füchsen kennt.
Werden die entsprechenden Grundlagen für den Umgang mit Wölfen z.B. in Form von Managementplänen geschaffen, ist ein Nebeneinander von Wolf und Mensch möglich.